Wie stark soll der Staat strafen? Diese Frage stand im Vordergrund der Fahrt zum Amtsgericht nach Nördlingen. Der Q12 Kurs Wirtschaft/Recht von Herrn Neuhaus hatte die Gelegenheit, sich zwei Verhandlungen anhören zu dürfen. Im ersten Fall war der Angeklagte vorsätzlich mit einem PKW gefahren, ohne die dafür erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen. Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Angeklagte aufgrund von einigen Vorstrafen seine Fahrerlaubnis verloren hatte. Angeklagt war er, weil er ohne Fahrerlaubnis mit seinem SUV gefahren war, nach eigener Aussage war es nur eine kurze Strecke. Dabei wurde er von einer Polizeistreife aufgehalten. Der Polizist, der als Zeuge anwesend war, bestätige dies und sagte zu Gunsten des Angeklagten aus, dass er sich ihm gegenüber kooperativ gezeigt habe und auch einsichtig war. Die Staatsanwaltschaft forderte auch aufgrund einiger Vorstrafen eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten mit Bewährung und ebenso ein langes Fahrverbot. Der Verteidiger jedoch betonte die Kooperationsbereitschaft des Angeklagten, seine Einsichtigkeit und da er nur eine kurze Strecke gefahren war, hielt er eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen für ausreichend.  Das Urteil wurde dann, nach der Meinung unseres Kurses, sehr im Sinne des Angeklagten getroffen, „billiger“ konnte es für ihn nicht ausgehen: Er erhielt 90 Tagessätze zu je 40 Euro und muss zudem die Kosten für das Verfahren und die eigenen Auslagen (Rechtsanwalt) selbst tragen.

Der zweite Fall, den wir uns ansehen durften, handelte von Diebstahl mit Waffen. Entwendet wurden Kleidungsstücke im Wert von knapp 30 Euro. Die „Waffe“, die der Beschuldigte aus Berufsgründen mit sich trug, war eine gewöhnliche Haushaltsschere. Dafür bekam der Angeklagte eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten auf Bewährung, auch aufgrund von einigen Vorstrafen. Auch er musste die Kosten der Verhandlung tragen. Die Staatsanwältin hatte jedoch für eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten ohne Bewährung plädiert. Diese wurde aber von der vorsitzenden Richterin zur  Bewährung ausgesetzt, da der Angeklagte sich einsichtig zeigte, wohl auch an zwanghaftem Stehlen (Kleptomanie) leidet und das Gestohlene nur von geringem Wert war.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Urteile auf den ersten Blick ungerecht erscheinen, doch bei einem Blick auf das Vorstrafenregister nachvollziehbar sind. Wer bis dahin noch keine Tat oder kein Verbrechen begangen hat, dem droht ,,weniger“, wer dagegen Wiederholungstäter und somit offensichtlich unbelehrbar ist, dem droht ,,mehr“. Die Urteile der Richterin fielen in diesen beiden Fällen eher milde aus, da die Vergehen weniger schwerwiegend waren und sich das einsichtige Verhalten der Angeklagten auch positiv auf die Urteile auswirkte. Manchmal haben wohl auch Richter Mitleid und denken mit an das private Umfeld der Täter – im Falle einer Haftstrafe würde auch die ganze Familie darunter leiden!

 

Sarah Gebert und Nina Schäble