In Berlin kann man was erleben und noch mehr lernen! Vielleicht lässt sich so die Exkursion von 27 SchülerInnen und 3 Lehrkräften aus 2 Geographiekursen und einem Geschichte- und Sozialkundekurs recht gut beschreiben.
Getragen von der Idee, Unterrichtsinhalte einmal vor Ort praktisch umzusetzen, gemeinsam neue Erfahrungen zu machen und fächerübergreifend Themen anzugehen, fuhren wir am Freitag in aller Herrgottsfrühe (6:51 Uhr, effektiv 7:25 Uhr: culpa magistri geographiae) von Treuchtlingen aus los und erreichten am frühen Nachmittag Berlin bei bestem Wetter.
Schnell noch in Berlin – Friedrichshain eingecheckt und dann konnte es losgehen: Die Geographen bestiegen die bereits organisierten Fahrräder und schon waren wir (mit Helm und Warnweste!) mitten in Berlin. Mit dem Fahrrad kann man in Berlin in städtebaulich hochinteressante Winkel vorstoßen, die bei Nutzung von U- und S-Bahn nur mit großem Zeitaufwand zu erreichen wären. Unsere SchülerInnen hatten mehrere Referate vorbereitet und informierten dann direkt vor Ort die Teilnehmer zu wichtigen Themen wie Gentrifizierung und Funktionswandel im Tempelhofer Feld. Ganz neu erfahren haben wir das sogenannte „urban gardening“ – hier am Tempelhofer Feld in Form einer nachbarschaftlich organisierten wilden (und von der Stadt geduldeten) Landnahme: Bewohner aus z.B. Neukölln kommen so auf kurzem Weg zu ihren jeweils nur 2 -4 m2 großen „Gärten“ – genug, um dem innerstädtischen Lärmpegel zu entfliehen.

Die Gruppe Geschichte-Sozialkunde machte sich zeitgleich auf, um das Brandenburger Tor und das Holocaust-Mahnmal in der historischen Mitte Berlins zu erkunden und anschließend an einer sehr interessanten Führung an der ehemaligen Grenze zwischen Ost und West durch Berlin teilzunehmen. Die Berliner Mauer ist auch fast drei Jahrzehnte nach ihrem Fall noch teilweise präsent im Stadtbild der heutigen Metropole. Die Schüler lernten die einstigen Mauerabschnitte und wichtigsten Gedenkorte kennen – ein eindrucksvolles Erlebnis!
Abends stand dann als gemeinsamer Programmpunkt für alle Teilnehmer eine Stadtführung durch den Bezirk Kreuzberg an. Kreuzberg, in Kaiserszeiten ein prekäres Wohnviertel mit Belegungen von bis zu 10 Personen pro Wohnung, wandelte sich bis zum heutigen Tag zu einem angesagten Szeneviertel in Europa im Spannungsfeld von Tourismus, stark steigenden Mieten / Immobilienpreisen und einem sehr hohen Ausländeranteil. Auch hier begegnet einem immer wieder die Gentrifizierung, was vom politisch-aktiven Kreuzberg nicht immer widerspruchslos hingenommen wird. Im Anschluss an die Stadtführung hatten unsere SchülerInnen Gelegenheit, Kreuzberg auf eigene Faust (außerhalb der no-go area: Kottbuser Tor) zu erkunden. Egal, wo man/frau jetzt essen ging: Berlin ist recht preiswert – die Pizza z.B. ist nicht teurer als in Oettingen!
Am Samstag standen für die GeographInnen 6 Stationen auf dem Potsdamer Platz auf dem Programm – 3 davon mussten in Eigenarbeit selbst übernommen werden: Nutzung des Potsdamer Platzes in den 1920er Jahren, eine aktuelle Nutzungskartierung und eine Passantenbefragung zur Überprüfung, ob die Stadtplanung am Potsdamer Platz alles richtig gemacht hat.
Es war sicherlich ein eigenartiges Gefühl für uns alle, wenn man auf dem Potsdamer Platz stand und das im Boden eingelassene Pflastersteinband sah, das die alte Grenze zwischen den deutschen Staaten bis 1989 markiert, und dann die enormen baulichen Entwicklungen ringsherum bestaunte – lebendige Geschichte und aktuelle Geographie an einem Ort!
Wiederum als gemeinsamer Programmpunkt für beide Gruppen war ein Expertenreferat am letzten noch original erhaltenen Wachturm in der Erna-Berger-Straße organisiert: Herr Jörg Moser-Metius berichtete vom anstrengenden Wachdienst der NVA-Grenzsoldaten und dem grundsätzlichen Misstrauen des DDR-Staates seinen Bürgern gegenüber. Unsere SchülerInnen konnten im Anschluss den Wachturm besteigen und sich vielleicht eine Vorstellung davon machen, was es bedeutet, auf Menschen schießen zu müssen, die ein Land nur verlassen wollen.
Die dritte fächerübergreifende Aktivität und sicherlich ein weiterer Höhepunkt der Fahrt war der Besuch der Reichstagskuppel am Samstagabend. Nach der Sicherheitskontrolle ging es in das spektakuläre Bauwerk und die Schüler konnten mithilfe eines Audioguides in die Geschichte, die Architektur und die politischen Hintergründe des Berliner Reichstags eintauchen sowie von der Kuppel den grandiosen Blick auf die Sehenswürdigkeiten Berlins genießen.

Am Sonntagvormittag schließlich konnten die SchülerInnen das Jüdische Museum besuchen und noch eigene Ideen umsetzen, z.B. Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Museumsinsel, Alexanderplatz usw.. Der Berlin-Marathon machte uns das Leben dabei etwas schwer -überall Absperrungen -, aber mit der U- und S-Bahn kam man immer weiter.
Um 15:30 Uhr war dann endgültig Schluss – unser IC brachte uns dann alle wieder gut nach Hause.
Unterricht und lebendige Geschichte vor Ort – das konnte nur klappen mit SchülerInnen, die nicht nur mitgefahren sind, sondern mit Herz, Verstand und Spaß dabei waren!

Susanne Kögel – Herbert Neuhaus – Christina Niegisch