Bei wunderbarem Sonnenschein verabschiedeten wir uns aus Oettingen, bei strahlend blauem Himmel begrüßte uns Klausenburg, die erste Station unserer Reise nach und durch Siebenbürgen.

Dazwischen lag eine 20stündige, anstrengende aber auch eindrucksvolle Fahrt durch 4 Länder, die in ihrer Geschichte eng miteinander verbunden sind. Nachdem alle Koffer verstaut und letzte Grüße verteilt worden waren ging es los. Zunächst steuerte uns Alfred, unser versierter Busfahrer nach München, wo wir Adi, den zweiten Steuermann, an Bord nahmen. Dumm, dass das Spiel des FC Bayern gerade zu Ende gegangen war, denn dadurch waren alle Straßen verstopft und es dauerte länger als gedacht, die Stadt zu durchqueren. Raus durften wir dann an der Grenze zu Österreich problemlos, während sich in der Gegenrichtung wegen der Grenzkontrollen doch ein längerer Stau gebildet hatte. Zum Glück hatten wir freie Fahrt und standen kurz vor Mitternach vor dem imposanten Schloss Schönbrunn in Wien. Allzu gern hätten wir auch mal dort gewohnt, wo schon Sissi und ihr Kaiser Franz I., Napoleon oder Kennedy residierten – Platz wäre in den über 1400 Zimmern ja für alle gewesen, aber das Schloss wurde erst um 6.30 Uhr geöffnet. So lange wollten wir dann doch nicht warten und machten uns auf in eine der schönsten Städte der Welt, nach Budapest.

Auch diesmal erschienen wir den Grenzbeamten äußerst vertrauenserweckend, so dass sie uns ohne Kontrollen durchwinkten und wir waren im Land der Magyaren. Während es in den vergangenen Jahren jeweils heftig geregnet hatte und der Spaziergang ausfallen musste, meinte es das Wetter diesmal gut mit uns und gegen 4.00 Uhr gehörte die Donaumetropole fast uns allein. In der weltberühmten Flaniermeile, der Váci utca, die gefüllt ist mit Produkten westlicher Edelmarken, schockten einige die Preisschilder, die oft die hunderttausender Marke deutlich überschritten. Allerdings handelte es sich ja um Forint und nachdem man den Teiler 300 angesetzt hatte, ließ der Schock nach und so manches Schuh- oder Taschenmodell hätte durchaus Interessentinnen gefunden. Besonders ein Mantel in schottisch-kariertem Stil – so jedenfalls würde es ein Laie in Modefragen ausdrücken, fand bei einer Mitreisenden großen Gefallen. Aber die Läden hatten ja noch geschlossen, genauso wie das weltberühmte Café Gerbeaud, vor dem wir ein Gruppenfoto machten und so manchen Blick durch die Fenster auf die besondere Einrichtung aus der Wende zum 20. Jahrhundert im typischen Kaffeehausstil erhaschen konnten. Überhaupt gab es an dieser Stelle einiges zu erfahren, liegt das Café, in dem u.a. die Tranportbox für Torten erfunden wurde, am Vörösmarty ter, benannt nach einem berühmten ungarischen Dichter. Dort befindet sich auch die Station der M1, der ältesten U-Bahn des europäischen Festlandes. Alt und Neu geben sich in Budapest nicht nur durch die Gebäude die Hand. Vor dem Casino ließ ein kraftstrotzender weißer Ferrari die Herzen so mancher PS-begeisterter Jungen als auch Mädchen höher schlagen. Auch ein Kunstwerk, aus Getränkedosen, die nun eine Ansammlung von Fischen bildete zeugt von dem bunten Treiben und dem pulsierenden Leben in der ungarischen Hauptstadt, während die Kettenbrücke stolz und auch mahnend auf vergangene z.T. auch dunkle Tage verweist. Dunkel war es gegen 5.00 Uhr immer noch, um so schöner bildeten die vielen Lichter in der ruhig dahinfließenden Donau einen interessanten Widerschein. Auch das Rätsel, was denn der Künstler bei den stolzen Löwen vergessen und sich aus Scham über die Schande in die Donau gestürzt hat, war schnell gelöst und auf der Seite von Buda ging es an der Donau entlang, über die Elisabethbrücke schließlich wieder zurück zum Bus. Was zu Beginn des Spaziergangs noch im völligen Dunkel lag, wurde nun schon langsam durch den anbrechenden Tag erhellt und kurz nachdem wir Budapest verlassen hatten ging auch schon die Sonne strahlend über dem Horizont auf.

Meist schnurgerade, wenn auch nicht immer frei von überraschenden Schlaglöchern führte uns die Straße durch die absolut hügelfreie ungarische Ebene in Richtung der rumänischen Grenze. Um 9.00 Uhr war es dann endlich geschafft, wir betraten rumänischen Boden. Um schnell auch flüssig zu sein wurde in der Wechselstube in Oradea zu einem sehr günstigen Kurs von 4.60 Lei für einen Euro getauscht, während Pfarrer Sattler bereits die ersten kulinarischen Köstlichkeiten besorgt hatte. Verschiedene rumänische Salamisorten und eine gutes Brot dazu, fanden schnell und gerne Abnehmer im Bus und bildeten die richtige Einstimmung auf die Schlussetappe des ersten Tages, zu der traditionell immer ein Halt bei einem ausgezeichneten Kürtös Kalács Bäcker, zu deutsch:  Baumstriezel, der hier über einem Holzkohlenfeuer gebacken wird, gehört. Die Gewinner des nächtlichen Preisrätsels erhielten ihren Preis und auch viele andere ließen sich die süße Köstlichkeit schmecken. Dann war es vor allem die wunderbare, so abwechslungsreiche Landschaft die Erstaunen hervorrief und zu zahlreichen Fotos animierte. Erstaunen war auch zu vernehmen bei einigen skurrilen Häusern, die an indische Tempel erinnern und der Sinn (oder Unsinn) von uns nicht ganz zu klären war. Pfarrer Sattler informierte die Reisenden über die wechselvolle Geschichte der Siebenbürger Sachsen und des Landes insgesamt, derentwegen wir ja  auch diese Fahrt angetreten haben.

Müde aber zufrieden un wohlbehalten erreichten wir schließlich unser Hotel hoch über Klausenburg. Nach einer Ruhepause geht es gleich die vielen Stufen nach unten in die Stadt, wo einerseits einiges gelernt, aber vor allem auch der Hunger gestillt werden wird.

Wir sind schon gespannt, was der morgige Tag alles für uns bereit hält. Das Programm verspricht jedenfalls einiges.

Hundert Jahre könnte die gesamte Menschheit mit dem Salz der Saline in Turda noch versorgen. Doch der Abbau lohnt sich nicht mehr, deshalb hat man ihn 1935 eingestellt. Für uns ist die gut, denn so konnten wir diese beeindruckende Anlage wie 600.000 weitere Besucher im Jahr besichtigen. Es hat sich wirklich gelohnt, die über 150 Stufen hinab zu steigen. Nicht nur wegen der ausgezeichneten Luft, die viele auch zu Heilzwecken nutzen. Eine Welt aus Salz erwartete uns, Wände Boden, wir waren umgeben von purem Natriumchlorid. 14 Mal hallte unser „A-E-G“-Ruf an den fast hundert Meter hohen Salzwänden des großem Doms wider, einem gewaltigen Hohlraum, in dem sich ein regelrechter Freizeitpark befindet. Bevor wir diesen erkundeten, erfuhren wir aber noch eine Menge über den ursprünglichen Zweck der Saline und wie mühsam der Abbau des Salzes für die Arbeiter war. Ausgemusterte Pferde der österreichischen Kavallerie bewegten den riesigen Aufzug – jede der Umlenkrollen wiegt eineinhalb Tonnen – der das Salz nach oben beförderte. Die Arbeitsbedingungen waren hart und gefährlich, nicht ohne Grund beteten die Arbeiter vor Beginn ihrer Tätigkeit in einer aus dem Salz herausgehauenen Kapelle um Schutz und Sicherheit. Nach der interessanten Führung ging es dann hinab, entweder mit dem Aufzug oder für sportlich die vielen Treppen zu Fuß. Billiard spielen, Kegeln, Riesenrad fahren, Tischtennis, Minigolf, alles ist dort einhundert Meter unter der Erde möglich. Auf einem unterirdischen See kann man sogar Boot fahren, umgeben von fast einhundert Meter hohen Salzwänden, die aussehen wie feiner Marmor. Eigentlich verging die Zeit viel zu schnell und wir mussten wieder ans Tageslicht, denn es warteten ja noch mehr Programmpunkte auf uns.

Einer war schon die Fahrt durch die wirklich beeindruckende Landschaft Siebenbürgens. Sanfte Hügel und gesunde, riesige Mischwälder soweit das Auge reicht, dazwischen die Dörfer, einfache Häuser, die meist kleinen Höfe von Weinreben beschattet, Menschen die auf der Bank vor dem Haus sitzen und auf eine kleine Unterhaltung warten. Auf den Feldern steht noch viel Mais, der als Körnermais auf seine Ernte wartet um als Viehfutter oder Polenta verarbeitet zu werden. Immer wieder stehen ein paar Kühe oder Pferde, oft ohne Zaun auf den Feldern und Wiesen und suchen sich selbst das nötige Futter, auch Schafherden grasen an den Hängen der Hügel. Alles strahlt eine wohltuende Gelassenheit und Ruhe aus, bis auf den Verkehr auf der Hauptverbindungsstraße. Zwischen den vielen Autos und Lkws wirken die urigen Pferdefuhrwerke mittlerweile verloren, wie aus einer anderen Zeit. Es ist zu befürchten, dass sie bald ganz verschwunden sein werden. Schade, denn irgendwie fällt einem bei ihrem Anblick die „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ von Heinrich Böll ein.
Dass die moderne Hektik gezwungener Maßen zur unfreiwilligen Langsamkeit führt, erfuhren wir kurz vor unserem nächsten Etappenziel, der Stadt Tirgu Mures, zu deutsch „Neumarkt“. Ein langer Stau bzw. stockender Verkehr kostete und letztlich eine Stunde, was uns unsere gute Laune aber nicht verderben konnte, schließlich wartete dort eine wahre kulinarische Köstlichkeit auf uns. In einem kleinen Hinterhof steht ganz unscheinbar ein Stand in dem die Meisterin ihres Fachs die besten Langos weit und breit zubereitet. Sie begrüßte uns mit einem Lächeln, denn sie hatte uns schnell erkannt. Einige Mädchen hatten sich Pfarrer Sattler und Günther Schmalisch, die sich dort seit Jahren diesen Hochgenuss schmecken lassen, angeschlossen und waren ebenfalls begeistert. Langos in Tirgu Mures: Ein Muss auf dieser Fahrt.

Nach der Stärkung ging es weiter Richtung Schäßburg, in die Heimatregion von Pfarrer Sattler. Dass es neben ihm noch viele weitere große Persönlichkeiten aus Siebenbürgen gibt, erfuhren die Jugendlichen beim Aufstieg zur Bergkirche. Unterhalb des Stundturmes steht in einer Mauernische die Büste von Herrmann Oberth, einem in Hermannstadt geborenen, lange Zeit in Schäßburg lebenden und in Nürnberg gestorbenen, Physikers und Raketenpioniers, ohne dessen Entdeckungen die Entwicklung der Saturn V Rakete, die in den 60er und 70er Jahren die Menschen zum Mond brachte nicht möglich gewesen. Über eine Webcam waren wir von zu Hause aus von einigen Eltern sogar live verfolgt als wieder mal Treppen auf uns warteten. Diesmal die Treppen der berühmten Schultreppe.  Wie anstrengend es ist diese Treppen hoch zu laufen, was Pfarrer Sattler in seine Jugend täglich bewältigen musste, bewies einmal mehr die Tatsache, dass nur ein Mädchen ober angekommen die richtige Anzahl der Eichenstufen nennen konnte. 174 von ihnen führen zum Josef Haltrich Gymnasium, in dem sowohl Herrman Oberth als auch Pfarrer Sattler ihr Abitur abgelegt haben. Gleich daneben seht die berühmte Bergkirche, die drittgrößte gotische Hallenkirche Siebenbürgens. Sie beherbergt unter anderem auch Belege eine glorreichen Vergangenheit der Siebenbürger Sachsen, die gleichzeitig Dokumente des Wandels darstellen. Die zahlreichen Altäre, die in der Kirche zu sehen sind, wurden aus den umliegenden Kirchen hierher gebracht, denn die Kirchen in den Dörfern sind meist dem Verfall preis gegeben. Als Hauptaltar ist der Altar aus der Kirche in Schaas zu sehen, dem Geburtsort von Pfarrer Sattler. Mit dem Altar verbinden sich wichtige Momente in seinem Leben. Vor dem Altar in der Bergkirche steht auch das bronzene Taufbecken, in dem er getauft wurde. Nachdem auch der versteckt gemalte Hund auf einem Altarbild gefunden worden war, ging es wieder hinab in die Stadt. War der Aufstieg schon beschwerlich, der Abstieg über einen anderen Weg war noch abenteuerlicher. Er ging über Stufen, die oft als solche nicht mehr zu bezeichnen waren. In Deutschland wäre dieser Weg längst geschlossen. Andere Länder, andere Vorschriften. Alle kamen aber unten heil an und nachdem wir noch rätselten, ob Pfarrer Paul Satter sich in Siebenbürgen noch ein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen hat, setzten wir die Fahrt durch die wunderbare Landschaft auch schon in Richtung Rosenau, unserm letzten Ziel für diesen Tag, fort.

Auf dem Weg dorthin gab es aber noch weiteres Interessantes zu erzählen. So zum Beispiel, dass im Dorf Deutschweißkirch Prinz Charles regelmäßig Urlaub macht. Einige Kilometer weiter wies ein Wegweiser an der einzigen Verbindungsstraße nach Bukarest auf der gegenüberliegenden Seite ins Dorf Radeln. Dort hat Peter Maffay, der aus der Gegend um Kronstadt stammt, eine Kirchenburg gekauft und ein Kinderheim eingerichtet, in dem traumatisierte Kinder mit ihren Betreuern einige Wochen Erholung finden können. Aber auch den Jugendlichen im Ort will er eine Perspektive geben, indem er einen Bauernhof und andere Werk- und Ausbildungsstätten errichtet und so den Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, eine Lehre zu machen, damit sie den Teufelskreis von Armut und Bettelei durchbrechen können.
Nachdem wir auch den „Geisterwald“ unbeschadet durchquert und die imposante, hervorragend restaurierte Burg in Reps bewundert hatten,öffnete sich das Land und die weite Ebene des Burzenlandes, es hat seinen Namen von dem Bach Burzen, vor uns lag. Ein Ries im Großformat gewissermaßen. Diese Gegend ist seit jeher sehr fruchtbar und bescherte seinen Bewohnern deshalb Wohlstand, was sich auch in den stattlichen Häusern der Siebenbürger Sachsen widerspiegelt.
Die Sonne war schon untergegangen als wir unser Quartier in Rosenau am Fuße der Karpaten erreichten. Nachdem die Zimmer bezogen, Hunger und Durst gestillt waren, trieben, passend zur transsilvanischen Umgebung, Wehrwölfe ihr Unwesen. Natürlich nur in spielerischer Form.
Als der Berichteschreiber dann seiner Pflicht, den Tag in Wort und Bild für die Daheimgebliebenen festzuhalten, nachkommen wollte, versagte plötzlich die Technik. Der Akku war leer gearbeitet und das Ladekabel im Bus zurückgelassen. Der Busfahrer hatte seinen Schlaf wahrlich verdient, so musste die Berichterstattung etwas aufgeschoben werden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, wie obige Zeilen und Bilder beweisen.

Wer verstehen will, wie Luthers Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ nicht nur eine Metapher, sondern für die Realität geworden ist, der muss nach Siebenbürgen kommen. Eine Reise durch dieses Land, ohne eine Kirchenburg besucht zu haben, geht nicht. Deswegen machten wir uns heute morgen auf nach Honigberg, das nicht weit von Kronstadt entfernt liegt. Neben Tartlau und Birthelm gibt es hier eine der schönsten Kirchenburgen, die wir uns ausgiebig ansahen. Die Schießscharten in den gewaltigen Mauern, die die Kirche zur Burg machten, zeugen davon, dass dieses Bauwerk vor allem auch Schutz vor anrückenden Feinden bieten sollte. Beim Heranrücken feindlicher Truppen, zog sich die Bevölkerung mit Kind, Kegel und Tieren in das Innere der Kirchenburg zurück, wo Wohnkammern, Vorratskammern und Räume für Handwerker und auch eine Schule ein Überleben während der Belagerung ermöglichte. Und in der Mitte die Kirche, denn es war der starke Glaube der Menschen, der ihnen durch die schweren Zeiten hindurch half. Mit der Kirche war Gott in ihrer Mitte. Die Jugendlichen zeigten sich sehr interessiert und Pfarrer Sattler beantwortete geduldig alle aufkommenden Fragen. Einige wagten auch den Aufstieg in den Glockenturm, den mit 56 Metern höchsten im Burzenland. Viele Treppen begegnen uns jeden Tag auf unserer Reise, so auch heute. Die vielen Holz und engen Steintreppen erforderten schon einiges Geschick und Vorsicht beim Auf- und vor allem beim Abstieg. Die Mühe lohnte sich aber, denn oben bot sich ein eindrucksvoller Blick nicht nur über den Ort, sondern auch über das ganze Burzenland. Auch die Aufschrift auf dem Gebäude des deutschsprachigen Kindergartens war deutlich zu lesen. Wer sich ins Innere der Kirche begab, war sicher überrascht von den spartanischen Bänken, auf denen die Gottesdienstbesucher seit vielen Jahrhunderten bis heute Platz nehmen müssen. Aber auch dafür fand sich eine Erklärung. Die geschnittenen Tannenstämme aus dem Jahr 1753 waren für die verheirateten Frauen gedacht und hatten keine Lehne, weil die Frauen sich wegen ihrer Tracht nicht anlehnen konnten. Wieder draußen mahnte eine bedenkenswerte deutsche Inschrift auf der Außenmauer der Burg: „Die Alten sollen die Jungen lehren und die Jungen sollen auf die Alten hören, einer soll den anderen ehren, alsdenn wird uns Gott vermehren.“  Wie passend, denn „Die Jungen lehren“ bennent ja auch einen wichtigen Zweck unserer Reise, die uns dann zurück nach Kronstadt führte.

Am herrlichen Platz am alten Rathaus begannen wir unseren Rundgang durch die im frühen 13. Jahrhundert als südöstlichste deutsche Stadt in Siebenbürgen gegründete Großstadt. Zunächst ging es in das bekannteste Gebäude der Stadt, die „Schwarze Kirche“. Ihr Name rührt von einem Stadtbrand im Jahr 1689 her, bei dem sie bis auf ein Marienbild über einem Portal völlig zerstört wurde. Sogar die herabgestürzten Glocken schmolzen durch die gewaltige Hitze. Schon in der Kirche in Honigberg waren den Schülern die vielen Teppiche aufgefallen. Das Innere des größten von Siebenbürger Sachsen errichteten Bauwerks sahen wir noch viel mehr dieser äußerst wertvollen orientalischen Teppiche aus der größten Teppichsammlung Europas. Kaufleute hatten sie in früheren Jahrhunderten als Dank für eine glückliche Heimkehr nach Handelsreisen gespendet. Einen weiteren Schatz bildet die gewaltige Buchholz-Orgel der gleichnamigen Berliner Orgelbaufirma mit ihren fast 4000 Pfeifen, die größte misst etwa 13 Meter. Wir reich die Bewohner der Stadt in vergangenen Jahrhunderten gewesen sein mussten, bezeugen auch die hölzernen mit den Zunftzeichen reich verzierten Chorgestühle, in denen die Meister der Zünfte dem Gottesdienst folgten. Die Zünfte hatten aber noch eine existenziell wichtige Aufgabe, denn jede von ihnen musste einen Abschnitt der Stadtmauer erhalten und für Beobachtung und Verteidigung einstehen. Dass die Zunft der Weber besonders wohlhabende Zunft gewesen sein musste, belegt die eindrucksvolle „Weberbastei“. In ihrem Inneren sahen wir ein eindrucksvolles Stadtmodell. Im Maßstab 1:200 ist sowohl die vor allem von Siebenbürger Sachsen bewohnte Altstadt und der von Rumänen bevölkerte neue Teil außerhalb der Stadtmauern detailgetreu Haus für Haus nachgebaut.
Ein streng dreinblickender Herr weist vor der „Schwarzen Kirche“ auf das gegenüberliegende Gebäude. Es ist die Statue des siebenbürgischen „Luthers“. Der in Kronstadt geborene Universalgelehrte Johannes Honterus, ein Zeitgenosse Martin Luthers, war einst nach Wittenberg gereist um dort den großen Reformator zu treffen und seine Lehren kennen zu lernen. Überzeugt von den reformatorischen Anliegen reiste er nach Siebenbürgen zurück und führte dort die Reformation durch, die dann 1574 abgeschlossen war. Insofern gilt er als Reformator Siebenbürgens und er weißt mit dem Arm auf das von ihm gegründete Gymnasium. Wie Luther lag Honterus die allgemeine Bildung am Herzen. Er gründete deshalb das erste humanischtische Gymnasium in Südosteuropa. Das Honterus-Gymnasium genießt bis heute einen ausgezeichneten Ruf und nach wie vor ist die Unterrichtssprache Deutsch. Dies konnten wir auch akustisch wahrnehmen, denn es war gerade Pause. Einige von uns wunderten sich, dass der Pausehof mitten in der Stadt liegt, wo sich die Kinder zwischen Touristen und Einheimischen tummeln und die Pause verbringen müssen. Wir hatten uns auch eine Pause verdient und fanden allerlei Stärkung in der belebten Fußgängerzone.

Gestärkt wollten wir dann noch ganz hoch hinaus. Unser versierter Pilot Alfred chauffierte uns sicher die vielen Serpentinen hinauf in die Schullerau, im Winter ein stark frequentiertes Skigebiet. Mit jeder Kehre bot sich uns ein noch unglaublicher Ausblick auf Kronstadt und das weite, ebene Land Siebenbürgens. Oben angekommen staunten wir über die vielen gewaltigen Hotelbauten, teilweise umgeben von einem eigenen See, und die wie Pilze aus dem Boden schießenden Restaurants und Vergnügungsmöglichkeiten. Schließlich ging die Fahrt weder abwärts, diesmal in Richtung Rosenau. Immer wieder hört man davon, dass die Wälder von zahlreichen Bären, die nachts oft die Mülleimer Kronstadts und auch Rosenaus plündern, durchstreift werden. Auch Einheimische warnen davor, die Gegend allein wandernd zu durchstreifen. Vom sicheren Bus aus hielten wir während der Fahrt ins Tal Ausschau nach Meister Petz, aber er ließ sich nicht blicken. Deshalb mussten wir mit der Erzählung von Pfarrer Sattler begnügen, der vor genau dreißig Jahren an einer Stelle, die wir auch passierten, mit seiner Familie zeltete und scheinbar so schmackhaftes Essen zubereitete, dass der Duft auch einem Bären in die Nase stieg, der sich dann selbst zum Essen einlud. Pfarrer Sattler und der Bär standen sich Auge in Auge, bis sich letzterer schließlich geschlagen gab und wieder das Weite suchte.
Ohne eine derartig dramatische Begegnung erreichten wir Rosenau und ließen den Tag gemütlich ausklingen, gleichzeitig aber gespannt, was der morgige an Erlebnissen und Eindrücken mit sich bringen wird.

Am vorletzten Tag schafften wir es alle Teile Rumäniens in gut zwei Stunden zu Fuß zu durchwandern. Möglich ist das im nahegelegenen ASTRA-Park, Europas größtem Freichlichtmuseum. Auf über 96 Hektar sind Gebäude und Gebrauchsgegenstände zusammengetragen, die die Bau- und Lebensweise der Menschen deutlich machen. Sowohl aus wasserreichen Gebieten, wie zum Beispiel dem Donau-Delta, aus waldreichen Gegenden wie den Karpaten oder aus dem Flachland, aus allen Teilen wurden typische Häuser und Gehöfte Stein für Stein und Schindel für Schindel abgetragen und hier originalgetreu wieder aufgebaut. Dazu gehören auch Werkstätten, Kirchen, Schulen und Wirtshäuser. Werkzeuge, Werkstätten und Einrichtungsgegenstände lassen das oft sehr beschwerliche Leben der Bewohner erahnen. Pfarrer Sattler und OStD Günther Schmalisch konnten den Jugendlichen an vielen Beispielen aber auch verdeutlichen, wie viel Know-how, wie viel nicht nur Wissen, sondern auch Können die Menschen in früheren Zeiten besaßen. Vieles, was heute wieder entdeckt wird, wie z.B. die Nutzung von Wind und Wasserkraft, war schon vor Jahrhunderten bekannt und wurde praktiziert. Windmühlen und Wasserräder belegten dies. Auch die Entwicklung der Antriebstechnik vom Göpel, über die Dampfmaschine bis hin zu modernen Weiterentwicklungen ließ sich gut nachvollziehbar erläutern. Wer weiß eigentlich noch wie man eine Sense dengelt oder Ölpressen selber konstruiert oder Häuser  bis zur Dachrinne und ihren Halterungen ausschließlich aus Naturmaterialien baut? Auch die Weinherstellung war Allgemeingut. An zahlreichen Punkten wurde den Jugendlichen deutlich gemacht, welcher Wissens- und Erfahrungsschatz frühere Generationen angehäuft haben, den man heute oft allzu leichtfertig abtut oder unbeachtet verloren gehen lässt. Andererseits erleben wir einen immer stärkeren Trend zur Selbstversorgung, zu Wiederherstellung kleinerer Einheiten, zu mehr Naturverbundenheit. Nachdem bisher überwiegend rumänische Häuser wieder aufgebaut wurden, ist nun auch ein typischer Hof der Siebenbürger Sachsen zu besichtigen und ein zweiter ist gerade im Entstehen, was einen interessanten Vergleich in Bau- und Lebensweise ermöglicht. Bei der obligatorischen Rast an der Seebühne, erlebten wir auch in diesem Jahr bei einer Gesangseinlage die ausgezeichnete Akustik, die Aufführungen völlig ohne Verstärker ermöglicht. Wir spazierten weiter durch verschiedene Themenbereiche, wie die der Töpfer oder Hirten. Nach gut zwei Stunden hatten wir den Spaziergang durch Rumänien beendet und viel über Land, Leute und Kultur und auch über uns erfahren.

Viel zu sehen und zu erfahren gäbe es auch in Hermannstadt. Da die Aufnahmefähigkeit wegen der durchgängig warmen Temperaturen und der bereits erlebten Fülle an Neuem irgendwann begrenzt ist, war beim Stadtrundgang weniger mehr. Pfarrer Sattler und Günther Schmalisch beschränkten sich auf das Wesentliche, zumal am Ende noch ein ganz neuer Programmpunkt der Reise wartete. Leider war auch in diesem Jahr der schönste Platz in Hermannstadt, der sogenannte Große Ring wieder wegen des Cibinfestes, ein Oktoberfestimitat, von dem großen Zelt und den Fahrgeschäften vollkommen zugestellt, so dass die Schönheit des Ortes nur bedingt erfahrbar blieb. Immerhin konnten die Daheimgebliebenen uns auch hier über Webcams live erleben. Nachdem noch schnell Reparaturarbeiten am Pflaster des Platzes erledigt waren, verfolgten nicht nur die Webcams, sondern auch die „Augen der Stadt“, typische Fensterkonstruktionen in den Dächern, uns bei unserem Rundgang über den „Kleinen Ring“ mit seinem uralten „Schatzkästlein“, ehemals waren es Fleischerlauben, heute ist es das „Haus der Künste“, der berühmten „Lügenbrücke“, die, weil wir alle ehrliche Menschen sind, auch diesmal nicht zusammenbrach, dem „Huet Platz“ mit dem Evangelischen Dekanat, in dem Pfarrer Sattler als Vikar seinen Dienst tat, bis zur Orthodoxen Kirche.
Das die Wenigsten der Gruppe jemals ein solches Gotteshaus von innen gesehen hatten, traten wir ein und alle waren von der Pracht der Gemälde und Ikonographie überwältigt. Erstaunt fragten einige, wo sich denn die Kirchenbänke befänden und erfuhren verblüfft, dass man den mehrstündigen orthodoxen Gottesdienst in der Regel im Stehen absolviert.

Nun folgte noch der letzte offizielle Programmpunkt der Reise und zugleich eine Novität. Im Begegnungs- und Kulturzentrum Friedrich Teutsch der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien begrüßte uns Kulturreferentin Gerhild Rudolf und führte uns durch die an Exponaten reiche Dauerausstellung. Ihre umfassenden Kenntnisse und die dazu passenden Ausstellungsstücke boten gleichsam eine nochmalige Zusammenfassung dessen, was diese Woche insgesamt zum Ziel hatte: Ein Verständnis für die facettenreichen Geschichte der Siebenbürger Sachsen und die Besonderheiten ihres Gemeinde- und gottesdienstlichen Lebens. Dabei wird auch deutlich, dass weltliches und geistliches Leben hier nicht voneinander zu trennen sind. Davon zeugen unter anderem die Kirchenburgen oder die „Nachbarschaften“, deren Organisation und Aufgaben auf das gegenseitige Helfen, die Betonung der Gemeinschaft ausgelegt war, wichtige Werte, die heute auch und gerade bei uns oftmals, nicht zuletzt durch unseren Wohlstand, auch in den Dörfern und vor allem den Städten verloren gegangen oder zumindest in den Hintergrund gerückt sind.
Ideelle und materielle Werte gleichzeitig verkörpern die gesammelten Gegenstände in der Schatzkammer des Museums, insbesondere die wertvollen Abendmahlskelche aus verschiedenen Gemeinden Siebenbürgens. Unter diesen Meisterwerken siebenbürgischer Goldschmiedekunst befindet sich auch der Kelch aus der Heimatgemeinde von Pfarrer Sattler, aus dem er auch bei seinem ersten Abendmahl anlässlich der Konfirmation getrunken hat. Auch eine Urkunde mit der Originalunterschrift von Kaiserin Maria Theresia ist zu bestaunen. An anderer Stelle erfuhren wir, dass für einen siebenbürgischen Pfarrer der Ausspruch „Wolf im Schafspelz“ nicht despektierlich, sondern wörtlich zu nehmen ist. Ein ausgestelltes Ornat war außen mit Wolfsfell und innen mit Schafspelz besetzt.

Der offizielle kulturelle Teil der Reise durch Siebenbürgen war damit beendet, obwohl noch einige Stunden und eine Übernachtung vor uns lagen. Viele nutzten die Gelegenheit, den Hermannstädter Wochenmarkt zu besuchen, der einem Augen- Nasen- und Gaumenschmaus zugleich bietet und auch die Möglichkeit seine Lieben daheim mit ausgewählten typisch rumänischen und/oder siebenbürgischen Köstlichkeiten zu überraschen. Viele nutzen dies, bevor dann am Freitag Mittag die Heimreise angetreten werden musste. Noch einmal zeigte sich das Land bei, wie an allen Tagen, herrlichem Wetter in all seiner Pracht und Schönheit, bevor wir nach einer Rast im ungarischen Lajosmize und der Durchquerung der ungarischen Tiefebene von Blitz und Donner in Österreich empfangen wurden. Wesentlich herzlicher war die Begrüßung dann am A-E-G und alle waren froh über eine glückliche und gesunde Rückkehr von einer Reise, von der es nicht nur einmal viel zu erzählen geben und die wohl ein Leben lang im Gedächtnis bleiben wird.