Antike Mythologie einmal etwas anders als im Latein- und Griechisch-Unterricht erlebten die Elftklässerinnen und Elftklässer bei einer Lesung anlässlich des bundesweiten Vorlesetags mit der Autorin Lucia Herbst. 

Sie gab eine sehr ansprechende Kostprobe aus ihrem Debütroman „Medusa: Verdammt lebendig“ zum Besten, der gerade erst an der Frankfurter Buchmesse mit dem SERAPH-Preis in der Kategorie „bestes Debüt“ ausgezeichnet wurde. Die Gorgone Medusa lebt in diesem Fantasyroman in der Gegenwart in Köln. Hier musste sie sich jahrtausendelang vor den Göttern und Menschen verstecken und hat es nun satt, das Monster ihrer eigenen tragischen Geschichte zu sein. So wagt sie das Undenkbare: Sie stellt Poseidon und Athene, die Götter des Olymps, die sie zum Monster gemacht haben, vor ein internationales Göttergericht. Dieser unerhörte Vorfall sorgt unter den Unsterblichen dieser Welt für einen Aufruhr, denn Medusa ist nicht die Einzige, die etwas zu sagen hat gegen die Ungerechtigkeiten der Götterwelt. Wer an der feministischen Neudeutung griechischer Mythen à la Madeline Miller Gefallen gefunden hat, kann sich freuen, denn Band 2 und 3, in welchen die Göttinnen Persephone und Psyche zu Wort kommen, stehen im Piper-Verlag kurz vor der Veröffentlichung.

Das Besondere an der Lesung am A-E-G war, dass die mit ihrer Familie in München lebende Schriftstellerin, die in ihrem „anderen Leben“ Ärztin ist und als medizinische Gutachterin arbeitet, ursprünglich aus Hainsfarth stammt. Sie machte vor einigen Jahren am Albrecht-Ernst-Gymnasium Abitur. Hier kam sie auch mit den griechischen Mythen in Kontakt und empfand bereits damals bei der Schullektüre ein großes Unwohlsein gegenüber der von ihr so konstatierten Frauenfeindlichkeit in der griechischen Sagenwelt.

Im Rahmen ihrer Darbietung zog sie für die Zuhörerinnen und Zuhörern dabei anhand der Begriffe „Rape Culture“ (= soziale Milieus oder Gesellschaften, in denen Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt verbreitet sind und weitgehend toleriert oder geduldet werden.), „Victim Blaming“ (= Umkehr von Täter und Opfer) sowie „Misogynie“ (= Frauenfeindlichkeit) erschreckende Parallelen zwischen der antiken Sagenwelt und unserer Gegenwart, in der erst durch die „Me Too“-Bewegung der letzten Jahre ein Bewusstsein für die Problematik geschaffen worden ist: Eine kürzlich veröffentlichte Studie belegt, dass eine von drei Frauen in Deutschland bereits Opfer sexueller Belästigung wurde. Lucia Herbst wies das Publikum in diesem Zusammenhang darauf hin, dass solche schrecklichen Taten in den Gedanken der Täter beginnen und sich auch in der sorglos verwendeten Sprache zeigen würden.

Im zweiten Teil ihres Vortrags gab die Autorin Einblicke in den Alltag einer Schriftstellerin und Tipps dazu, wie man selbst einen Roman schreibt. Anhand vieler anschaulicher Beispiele erklärte sie auch, wie das Verlagswesen in Deutschland funktioniert und wie man vorgehen muss, wenn man einen eigenen Text veröffentlichen möchte.