Ich erinnere noch sehr gut, als ich die Nachricht im Schulmanager gelesen habe, in der Herr Vogel auf eine Auslandsmesse in München aufmerksam gemacht hat. Ich war von der Idee sofort begeistert, da ich schon länger den Traum hatte, eine Zeit lang im Ausland in die Schule zu gehen.

Also fuhr ich im Herbst 2021 mit meiner Familie nach München auf die Ju-Bi und haben uns dort über die vielen Möglichkeiten eines Auslandsaufenthaltes beraten lassen. Die Organisation Stepin hat uns schnell überzeugt. Zuerst war mein Plan nach Irland zu gehen. Als ich dann aber den Katalog von Stepin durchgeblättert habe, hatte ich meine Meinung schnell geändert. Ich wollte nach Nova Scotia, eine Provinz im Osten Kanadas.

Nachdem ich dann meine Eltern dazu überredet hatte, drei Monate in Kanada zu verbringen – was nicht einfach war – gingen auch schon die Vorbereitungen los. Ich musste mich bewerben, einen Gastfamilienbrief schreiben, ein Visum beantragen und vieles mehr. Das war schon ziemlich viel Arbeit, hat aber auch die Vorfreude gesteigert.

Mein Wunsch war ein Einzelaustausch ohne Gegenbesuch eines Gastschülers bei mir.

Im Sommer wurde mit dann endlich meine Gastfamilie zugeteilt, worauf ich schon sehnsüchtig und mit Spannung gewartet habe. Es wurde die für mich perfekte Familie ausgewählt: meine junge Gastmutter Jessica, deren Freund Ken, ihre 13 jährige Tochter Olivia und der Hund Vincent. Zwei Wochen nach mir sollte auch noch meine kolumbianische Gastschwester Isabella anreisen, die genauso lange bleiben wollte wie ich.

Am 4. September war es dann endlich so weit. Meine Eltern haben mich nach Frankfurt an den Flughafen gefahren, wo ich mit anderen Austauschschülern nach Halifax, die Hauptstadt Nova Scotia`s, fliegen sollte. Nachdem ich über 24 Stunden auf den Beinen war, waren wir um 1 Uhr Nachts endlich am Ziel. Voller Aufregung betrat ich die Ankunftshalle am Flughafen und hielt Ausschau nach meiner Gastfamilie. Voller Freude entdeckte ich ein großes gelbes Poster, auf dem „Welcome Home Noemi“ stand. Alle begrüßten mich sehr herzlich und wir haben uns vom ersten Moment an sehr gut verstanden. Während der Heimfahrt wurde viel in englisch geredet und ich konnte mir einen ersten Eindruck machen, was mich mit der Sprache in den nächsten Monaten erwarten wird. Anfangs hat mich das englische Sprechen noch sehr viel Überwindung gekostet, aber es wurde wirklich mit jedem Tag besser. Die Kanadier nahmen viel Rücksicht und haben zu Beginn langsam und deutlich mit mir gesprochen.

Am nächsten Tag ging ich dann erst einmal mit meiner Gastmutter einkaufen. Die riesigen Supermärkte und die Mall haben mich sehr beeindruckt. Jessica und Olivia machten mit mir einen Ausflug ans Meer, das nur ca 20 Minuten von unserem Haus entfernt war. Die Landschaft in Kanada und vor allem die ständige Präsenz des Meeres waren sehr faszinierend für mich.

Am folgenden Tag ging auch schon die Schule los und ich fuhr in einem typischen gelben Schulbus zur Schule, wie man es aus den amerikanischen Filmen kennt. Mein erster Schultag war nicht ganz einfach, da Olivia auf eine andere Schule ging, und ich deshalb niemanden kannte. Glücklicherweise lernte ich in meiner ersten Französischstunde gleich eine andere Austauschschülerin kennen, mit der ich dann auch zum Lunch ging.

Als weitere Fächer hatte ich noch Mathe, Englisch und Sport gewählt. Das kanadische Schulsystem unterscheidet sich extrem von unserem. Ich hatte nur vier Fächer, und diese dafür jeden Tag. Die Schule ging erst um 9:30 Uhr los und war um 15:30 Uhr aus. Insgesamt war der Unterricht dort auch viel einfacher und entspannter als in Deutschland. Die Schüler verbrachten während dem Unterricht die meiste Zeit am Handy, was mich sehr verblüffte, denn keiner der Lehrer hatte ein Problem damit.

Ich schaffte es außerdem in das Fußballteam meiner Schule und gemeinsam hat unser Team sogar den Provincials Cup gewonnen, was bedeutet, dass wir das beste Team der ganzen Provinz waren. Das war auch etwas ganz besonderes für mich, da uns alle anfeuerten und sich mit uns freuten.

Kanadische Leute kennen zu lernen, war nicht so einfach. Alle waren sehr nett, aber es ging nicht über Schulfreundschaften hinaus. Auf meiner Schule waren jedoch über 40 Austauschschüler aus den verschiedensten Ländern der Welt, mit denen ich mich super verstanden habe. Meine zwei besten Freundinnen waren dann sogar beide Deutsche, wir redeten aber meist englisch miteinander, da fast immer jemand aus einem anderen Land dabei war.

Mit meinen Freunden habe ich fast jeden Tag etwas außerhalb der Schule unternommen. Entweder gingen wir in die Mall, kochten zusammen, machten einen Filmabend, schauten uns ein Eishockey Spiel zusammen an oder gingen in das Seehaus einer Freundin.

Nach zwei Wochen kam dann endlich meine Gastschwester Isabella an, und wir verstanden uns sofort sehr gut, auch wenn wir sehr unterschiedlich waren.

Isabella und mir war sehr schnell klar, dass wir sehr viel Glück mit unserer Familie hatten. Sie organisierten viele Ausflüge für uns, beispielsweise ein Rockkonzert, der Besuch von Downtown Halifax und Peggy`s Cove – dem Wahrzeichen Nova Scotias – oder ein gemütliches Abendessen in Lunenburg am Meer.

Meine Highlights in Kanada waren zum einen natürlich die Ausflüge mit meiner Familie, der Spiritday an meiner Schule, die vielen Schooldances, Thanksgiving und Halloween, eine Klippenwanderung mit Freunden, aber auch die kleinen Dinge des Alltags. Für mich waren auch die Einkaufstouren mit meiner Gastmutter, ein Filmabend, die Spaziergänge mit Vincent, meine Fußballspiele, die Treffen mit Freunden bei Tim Hortons und auch die gemeinsamen Abende mit der Familie, bei denen wir immer viel zu lachen hatten, etwas besonderes.

Als die Abreise immer näher rückte, war ich sehr traurig. Ich wäre gerne noch länger geblieben, da es eine sehr schöne Zeit war, die meiner persönlichen Entwicklung und Selbstständigkeit sehr gut getan hat.

Ich habe dort viele neue Erfahrungen gemacht, musste oft aus meiner Komfortzone treten und habe viele neue Menschen kennen gelernt und Freunde gefunden.

Abschließend kann ich nur sagen, dass es die beste Zeit meines bisherigen Lebens war!

Wenn du die Chance zu so etwas hast, nutze sie!

Vielen Dank an Herr Hüttinger, der mich bei der Planung unterstützt hat.

Noemi Xalter ,10e